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Iphigenie. Arkas.

Arkas.
Beschleunige das Opfer, Priesterin!
Der Koenig wartet und es harrt das Volk.

Iphigenie.
Ich folgte meiner Pflicht und deinem Wink,
Wenn unvermuthet nicht ein Hinderniss
Sich zwischen mich und die Erfuellung stellte.

Arkas.
Was ist's, das den Befehl des Koenigs hindert?

Iphigenie.
Der Zufall, dessen wir nicht Meister sind.

Arkas.
So sage mir's, dass ich's ihm schnell vermelde:
Denn er beschloss bei sich der beiden Tod.

Iphigenie.
Die Goetter haben ihn noch nicht beschlossen.
Der aelt'ste dieser Maenner traegt die Schuld
Des nahverwandten Bluts, das er vergoss.
Die Furien verfolgen seinen Pfad,
Ja in dem innern Tempel fasste selbst
Das uebel ihn, und seine Gegenwart
Entheiligte die reine Staette. Nun
Eil' ich mit meinen Jungfraun, an dem Meere
Der Goettin Bild mit frischer Welle netzend,
Geheimnissvolle Weihe zu begehn.
Es stoere niemand unsern stillen Zug!

Arkas.
Ich melde dieses neue Hinderniss
Dem Koenige geschwind; beginne du
Das heil'ge Werk nicht eh' bis er's erlaubt.

Iphigenie.
Diess ist allein der Priestrin ueberlassen.

Arkas.
Solch seltnen Fall soll auch der Koenig wissen.

Iphigenie.
Sein Rath wie sein Befehl veraendert nichts.

Arkas.
Oft wird der Maechtige zum Schein gefragt.

Iphigenie.
Erdringe nicht, was ich versagen sollte.

Arkas.
Versage nicht, was gut und nuetzlich ist.

Iphigenie.
Ich gebe nach, wenn du nicht saeumen willst.

Arkas.
Schnell bin ich mit der Nachricht in dem Lager,
Und schnell mit seinen Worten hier zurueck.
O koennt' ich ihm noch eine Botschaft bringen,
Die alles loes'te, was uns jetzt verwirrt:
Denn du hast nicht des Treuen Rath geachtet.

Iphigenie.
Was ich vermochte, hab' ich gern gethan.

Arkas.
Noch aenderst du den Sinn zur rechten Zeit.

Iphigenie.
Das steht nun einmal nicht in unsrer Macht.

Arkas.
Du haeltst unmoeglich, was dir Muehe kostet.

Iphigenie.
Dir scheint es moeglich, weil der Wunsch dich truegt.

Arkas.
Willst du denn alles so gelassen wagen?

Iphigenie.
Ich hab' es in der Goetter Hand gelegt.

Arkas.
Sie pflegen Menschen menschlich zu erretten.

Iphigenie.
Auf ihren Fingerzeig koemmt alles an.

Arkas.
Ich sage dir, es liegt in deiner Hand.
Des Koenigs aufgebrachter Sinn allein
Bereitet diesen Fremden bittern Tod.
Das Heer entwoehnte laengst vom harten Opfer
Und von dem blut'gen Dienste sein Gemueth.
Ja, mancher, den ein widriges Geschick
An fremdes Ufer trug, empfand es selbst,
Wie goettergleich dem armen Irrenden,
Umhergetrieben an der fremden Graenze,
Ein freundlich Menschenangesicht begegnet.
O wende nicht von uns was du vermagst!
Du endest leicht was du begonnen hast:
Denn nirgends baut die Milde, die herab
In menschlicher Gestalt vom Himmel kommt,
Ein Reich sich schneller, als wo trueb und wild
Ein neues Volk, voll Leben, Muth und Kraft,
Sich selbst und banger Ahnung ueberlassen,
Des Menschenlebens schwere Buerden traegt.

Iphigenie.
Erschuettre meine Seele nicht, die du
Nach deinem Willen nicht bewegen kannst.

Arkas.
So lang es Zeit ist, schont man weder Muehe
Noch eines guten Wortes Wiederholung.

Iphigenie.
Du machst dir Mueh und mir erregst du Schmerzen:
Vergebens beides: darum lass mich nun.

Arkas.
Die Schmerzen sind's, die ich zu Huelfe rufe:
Denn es sind Freunde, Gutes rathen sie.

Iphigenie.
Sie fassen meine Seele mit Gewalt,
Doch tilgen sie den Widerwillen nicht.

Arkas.
Fuehlt eine schoene Seele Widerwillen
Fuer eine Wohlthat, die der Edle reicht?

Iphigenie.
Ja, wenn der Edle, was sich nicht geziemt,
Statt meines Dankes mich erwerben will.

Arkas.
Wer keine Neigung fuehlt, dem mangelt es
An einem Worte der Entschuld'gung nie.
Dem Fuersten sag' ich an, was hier geschehn.
O wiederholtest du in deiner Seele,
Wie edel er sich gegen dich betrug
Von deiner Ankunft an bis diesen Tag.